Möglichkeiten und Grenzen von Informatiksystemen

Historischer Aspekt

Zielstellung dieser Betrachtungen ist es, die wesentlichen Etappen der Entwicklung der Fachwissenschaft Informatik zu erarbeiten und den Schülern damit zu zeigen daß die "junge" Wissenschaft Informatik durchaus auf historisch bedeutsamen Erkenntnissen aufbaut und in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Fachwissenschaften zum heutigen Erkenntnisstand gereift ist. Dabei bietet es sich ausgehend von der zeitlichen Entwicklung an, Berührungspunkte aus Sicht der verwandten Fachwissenschaften näher zu beleuchten und im Rahmen von Schülervorträgen zu vertiefen.
Den SchülerInnen dürfte in Klasse 11 bereits im Abschnitt Kommunikation deutlich geworden sein, daß Informatik im Sinne "Wissenschaft der Kommunikationsübermittlung" auf Erfahrungen und Erkenntnisse der Urzeit (Rauchzeichen) zurückgreift. Der hier verfolgte Ansatz

Die Entwicklung der Informatik aus der Sicht der Mathematik

bietet sowohl wiederholende Aspekte aus der Geschichte der Mathematik als auch neue Sichtweisen. So könnte man unter Beachtung von Vorkenntnissen im Rahmen eines Lehrervortrages über die Geschichte der Rechenhilfsmittel folgende Eckdaten berücksichtigen:

1700 BC Ägypten, Überlieferung d. ältesten schriftlichen Rechenaufgaben auf Papyrus
300 BC Euklidischer Algorithmus,
Römer und Chinesen erfinden den Abacus, ein Rechenbrett.
820 Al Chowarizmi, persischer Mathematiker und Astronom schreibt ein Buch über Algebra.
5. Jh Erfindung des Dezimalsystems in Indien.
1202 Leonardo v. Pisa verfaßt den liber abaci – die erste systematische Einführung ins dezimale Zahlenrechnen.
1524 Adam Ries veröffentlicht ein Rechenbuch, Durchbruch des dezimalen Rechnens in Europa.
1623 Wilhelm Schickard konstruiert Rechenmaschine für Grundrechenarten (unbeachtet).
1641 Blaise Pascal konstruiert eine Maschine, die sechsstellige Zahlen addiert.
1674 G.W. Leibniz konstruiert eine Rechenmaschine mit Staffelwalzen für alle vier Grundrechenarten. Er befasst sich auch mit Dualzahlen.
ab 1800 Rechenmaschinen nach Leibniz’schem Prinzip werden industriell hergestellt und weiterentwickelt.

Diese einzelnen Etappen sollten kommentiert und kurz anhand der Fragestellungen

diskutiert und anhand von Beispielen illustriert werden.

Rechnen mit dem Abacus Wirkungsweise der Pascaline

Sicherlich gehen die SchülerInnen hier mit der Auffassung des Lehrers konform, daß es sich bei diesen Entwicklungen um mechanische Rechenhilfsmittel handelt. Der Begriff Computer würde für diese Geräte jedoch nicht zutreffen, da zwei wichtige Eigenschaften (Speicherfähigkeit und Programmierbarkeit) nicht gegeben sind.
Diese o.g. Mängel im Visier kann man die Chronologie der Entwicklungen entsprechend fortsetzen:

1822 Charles Babbage plant eine Analytical Engine, eine Maschine die bereits über ein Rechenwerk und einen Speicher verfügt.
1834 Ada Countess of Lovelace schreibt die Befehlsroutinen für die AE. Sie erfindet die Unterroutine, die Schleife, den bedingten Sprung.
1886 Hermann Hollerith erfindet nach einer Volkszählung die Lochkarte als Datenspeicher.

An dieser Stelle bietet es sich an, eine umfassendere Diskussion des Entwicklungsstandes zu führen, nachdem von den Lernern zusätzliches Material aus dem WWW zusammengetragen wurde. Fazit könnte sein, daß Babbage und Lovelace als die Eltern des Computers angesehen werden können, da im Ergebnis ihres Wirkens eine programmierbare mechanische Rechenmaschine mit Speicherfunktion entstand (, wobei das Arbeitsprinzip an dieser Stelle ohne Bedeutung ist).

Anhand dieser Ausgangsbasis sollten die Ausweitung des verfügbaren Theoriewissens einerseits und die Vervollkommnung der Rechentechnik aufgrund von Erfindungen und Entwicklungen der Elektrophysik und des Maschinenbaus andererseits nachvollzogen werden, so z.B.:

1934 Konrad Zuse beginnt die Planungen einer elektromechanischen Rechenmaschine auf Basis des dualen Zahlensystems.
1936 Alan Turing entwickelt die Theorie seiner Turingmaschine und definiert den Algorithmusbegriff neu.
1941 Zuses Z3 wird fertiggestellt. Die Programmsteuerung erfolgte mittels Lochstreifen.
(20 Additionen pro Sec., Speicherkapazität: 1408 Bit, 2600 Relais)

Aus pädagogischer Sicht bietet es sich an, den Abriß über die Entwicklung der Rechentechnik im 21.Jahrhundert punktuell durch Schülervorträge anzureichern und so Querverbindungen zum theoretischen oder dem ethisch-philosophischen Aspekt herzustellen. Folgende Aufgabenstellungen könnten als Anregeung dienen:

Die weitere Entwicklung der Rechentechnik nach dem II. Weltkrieg sollte durch die kurze Charakterisierung der verschiedenen Computergenerationen bestimmt sein, ohne jedoch die Entwicklung der Informatik auf die bloße Leistungssteigerung der Gerätetechnik zu reduzieren.

1946 Eckert/Mauchly stellen ENIAC (Electrical Numeral Integrator and Calculator), den ersten voll elektronischen Rechner fertig.
(1000 Additionen pro Sec., Speicherkapazität: 20 Dezimalzahlen, 18 000 Elektronenröhren)
John v. Neumann schlägt das gespeicherte Programm und die Bus - Architektur vor.
ab 1952 Zweite Rechnergeneration, die nicht mehr mit Röhren, sondern mit Transistoren bestückt ist (Querverweis Physik!).
Beginn der Massenproduktion von Transistoren und damit Anfang der industriellen Fertigung von Computern, z.B IBM 360. (ökonomisch-soziale Auswirkungen!)
(10 000 Additionen pro Sec., Speicherkapazität: rund 100 Bit/cm3 , Magnetbandgeräte als externe Speicher)
ab 1962 Transistoren in Salzkorngröße begründen 3. Computergeneration, Integrierte Schaltkreise, Zusammenarbeit von Intel und IBM
(500 000 Additionen pro Sec., Speicherkapazität: rund 400 Bit/ cm3 , Erfindung der Diskette)
ab 1978 Hochintegrierte Schaltkreise , 4. Computergeneration, Halbleiter-Arbeitsspeicher und HDD
CAD/CAM, Theorie der neuronalen Netze, Apple-Computer
(10 Mio Additionen pro Sec., Speicherkapazität: rund 32 KByte/Chip)
derzeit: Permanente Miniaturisierung bei gleichzeitiger Leistungssteigerung,
Informationsgesellschaft, Teleworking, KI-Forschung.

Diese Forschungsschwerpunkte der Künstlichen Intelligenz können im weiteren zur Einführung in die logische Programmierung herangezogen werden. Ausgehend von Weizenbaums-ELIZA, über Winograds Mikrowelt-Robotik SHRDLU bis hin zu natürlichsprachigen Auskunfts- und Expertensystemen oder maschineller Übersetzung (WWW-Beispiele) kann die Beschäftigung mit Logikorientierter Programmierung einfach motiviert werden.


Bei Anregungen oder Fragen bitte e-Mail an:
Michael Tzschirner
Gymnasium Arnoldischule
Eisenacher Strasse 5
99867 Gotha